Süssmost ist keinen Deut besser
Ein Liter Cola enthält 25 Würfelzucker. Das entspricht - je nach Geschlecht und Job - einem Fünftel des täglichen Kalorienbedarfs.
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K-Tipp 8/2004
21.04.2004
Rolf Muntwyler - rom@ktipp.ch
Heute ist jedes fünfte Kind in der Schweiz zu dick - dreimal mehr als vor zwanzig Jahren.
Schuld an dieser Entwicklung sind - neben Ernährung und Bewegungsmangel - die Trinkgewohnheiten. Die Kalorienmenge, die über Getränke eingenommen wird, wächst stetig an. So spülten sich die Schweizer letztes Jahr rund 550 Millionen Liter Süssgetränke und Eistee die Gurgel hinunter. 2001 waren es noch 415 Millionen Liter gewesen.
«Zuckerhaltige Süssgetränke enthalten ...
Heute ist jedes fünfte Kind in der Schweiz zu dick - dreimal mehr als vor zwanzig Jahren.
Schuld an dieser Entwicklung sind - neben Ernährung und Bewegungsmangel - die Trinkgewohnheiten. Die Kalorienmenge, die über Getränke eingenommen wird, wächst stetig an. So spülten sich die Schweizer letztes Jahr rund 550 Millionen Liter Süssgetränke und Eistee die Gurgel hinunter. 2001 waren es noch 415 Millionen Liter gewesen.
«Zuckerhaltige Süssgetränke enthalten zwar viele Kalorien, sättigen aber nicht», sagt Bruno Knöpfli, Chefarzt der alpinen Kinderklinik Davos. Die Getränke rutschten direkt in den Darmtrakt, wo der Zucker rasch aufgenommen werde. «Werden die Getränke eiskalt konsumiert, bleibt das Sättigungsgefühl erst recht aus.» Deshalb esse man nicht weniger, obwohl man schon viele Kalorien eingenommen habe.
Aggressive Säure in allen Getränken
Doch nicht nur das Körpergewicht leidet unter falschen Trinkgewohnheiten. Auch die Zähne nehmen Schaden, unterstreicht Thomas Imfeld, Leiter des Instituts für Präventivzahnmedizin an der Universität Zürich. Einzelne «Angriffe» durch Zucker und Säure ertrügen Zähne ohne weiteres. «Werden Zähne bei dauerndem Getränke- und Snackkonsum immer wieder entkalkt, geht durch Erosionen und Karies der Schmelz kaputt.»
Der K-Tipp hat einige Süssgetränke auf ihren Zucker-, Säure- und Koffeingehalt im Labor Haase-Aschoff untersuchen lassen. Zusätzlich hat das Labor auch die Phosphat- und Kalziumwerte gemessen, die die Zähne remineralisieren und Säure neutralisieren. Adrian Lussi, Professor für Zahnerhaltung und Präventivzahnmedizin an der Zahnmedizinischen Uni-Klinik in Bern, hat aufgrund der Resultate berechnet, welche Getränke Zähne angreifen.
Das Resultat bei den Kalzium- und Phosphatwerten ist besorgniserregend. Alle Getränke haben pH-Werte von rund 3 (7 ist neutral, 0 maximal sauer) und können Zahnerosion verursachen. Das heisst, die Säure greift die Zähne an und trägt die Oberfläche schichtweise ab. Das trifft für alle getesteten Süssgetränke, Eistees und Säfte zu.
Grösser ist die Streuung beim Zucker. Am meisten Zucker steckt in den Cola-Getränken. Sie enthalten 25 Stück Würfelzucker pro Liter. Oder 450 Kilokalorien, was dem Energiewert von sechs grösseren Äpfeln entspricht. Oder fast einer Tafel Milchschokolade.
Mehr Koffein im Eistee als im Cola
Auch Sinalco und Fanta Orange sind stark gezuckert. Sie enthalten 22 Würfelzucker oder 400 Kalorien. Die Energie, die in einer 1,5-Liter-Flasche Cola oder Sinalco steckt, entspricht damit einer kleinen Mahlzeit.
Bei den Eistees ist der Zuckergehalt unterschiedlich. Hier entspricht die Süsse im schlechtesten Fall 20 Würfeln, im besten Fall, beim Volvic Thé Citron, rund 10. Rivella grün und rot sind beim Zucker nicht besser als die stark gesüssten Eistees.
Gleiche Zuckerwerte wie bei Sinalco misst man bei Apfelsäften. Immerhin kann Süssmost dank weiterer Inhaltsstoffe zu einer gewissen Sättigung führen.
Auch Sirup hebt sich nicht positiv ab, weder beim Zucker noch bei der Säure. Nur der selber gebraute Lindenblütentee ist eine Alternative.
Als letzten Prüfpunkt hat das Labor den Koffeingehalt von Cola- und Teegetränken gemessen. Das Labor fand im Tea House Earl Grey gar höhere Werte als bei Cola-Getränken. Ein solcher Eistee ist für Kinder nicht geeignet. «Der kindliche Organismus reagiert stärker als der von Erwachsenen», hält Beatrice Conrad fest. Die Präsidentin des Berufsverbandes dipl. ErnährungsberaterInnen sagt: «Leiden Kinder an Nervosität oder Einschlafstörungen, können koffeinhaltige Getränke eine Ursache sein.» Der Instant-Eistee «Globi» für Kinder hat sein Versprechen eingelöst: Er enthält kein Koffein.
Alles zu seiner Zeit: Süsses, Saures und das Zähneputzen
- Ob etwas mit Zucker, Rohrzucker oder Fruchtzucker, Glucose, Fructose oder gar Honig gesüsst wird, ist für Kalorienzahl und Kariesbildung unerheblich.
- Je kälter Süssgetränke serviert werden, desto mehr trinkt man - also nicht zu kalt konsumieren.
- Süssgetränke sind wegen zu hohem Zuckergehalt gar keine Durstlöscher.
- Süssgetränke sind keine Lebensmittel: Trinken Sie bzw. Ihre Kinder Wasser oder leicht gesüssten Tee; Sirup oder Süssgetränke nur ausnahmsweise.
- Fruchtsäfte mögen zwar insgesamt gesünder sein; für Zähne sind sie nicht und fürs Gewicht kaum besser als Süssgetränke.
- Bei Kindern Gewöhnungseffekt an Süssgetränke vermeiden.
- Für die Zähne besonders schlecht: Dauernuckeln. Das gilt nicht nur für Babys, sondern auch für Erwachsene, die beim Fernsehen «an der Flasche hängen».
- Genauso schädlich für die Zähne sind isotonische Sportlergetränke, wenn sie über längere Zeit getrunken werden.
- Zuckerhaltiges nur zu den Hauptmahlzeiten zu sich nehmen - danach Zähne putzen.
- Unmittelbar nach dem Konsum von sauren Lebensmitteln, Süssgetränken und Fruchtsäften ist Zähneputzen nicht ideal - am besten den Mund mit Wasser spülen oder einen zahnfreundlichen Kaugummi kauen und Zähne etwas später putzen.
- Kontakt für Eltern mit übergewichtigen Kindern: Schweizerischer Fachverein Adipositas, Zürich, Tel. 01 277 21 78, Mail: akj@mgb. ch, www.akj-ch.ch.
(rom)