Captan ist ein Pestizid, das Beeren vor Pilzbefall schützen soll. Das Problem: Gelangt das Antipilzmittel in Flüsse und Seen, tötet es auch Krebse und Fische. Und nicht nur das: Laut der Datenbank Pubchem des nationalen Gesundheitsinstituts der USA gilt Captan beim Menschen als «möglicherweise krebserregend». In Studien wuchsen bei Mäusen Tumore im Zwölffingerdarm.
Nicht zugelassene Pestizide in Beeren
Der K-Tipp untersuchte 15 tiefgekühlte Beerenmischungen und fand im Produkt von Denner Rückstände von Captan sowie vier weiteren Fungiziden. Drei der Rückstände sind sehr giftig für Wasserlebewesen. Der Stoff Carbendazim und sein Abbauprodukt Benomyl sind in der EU nicht mehr zugelassen, weil sie im Verdacht stehen, die Fruchtbarkeit zu beeinträchtigen. Diese zwei Stoffe fand das Labor auch in den Himbeeren von Aldi und der Beerenmischung von Coop Prix Garantie.
Insgesamt 9 der 15 Produkte wiesen Pestizidrückstände auf. Davon waren 6 Produkte mit einem Cocktail von mehr als drei Stoffen belastet. Bei fast allen handelte es sich um Antipilzmittel oder Insektizide.
Gefährliche Gift-Cocktails
Alle gemessenen Rückstände lagen unter den gesetzlichen Grenzwerten für die einzelnen Chemikalien. Das heisst aber nicht, dass die gefundenen Mengen harmlos sind. Gerade Mehrfachrückstände sind heikel, weil sich Pestizide gegenseitig in ihrer Wirkung verstärken können. Die Hinweise verdichten sich, dass eine langfristige Belastung aus mehreren kleinen Rückständen sogar gefährlicher sein kann als einzelne hohe Werte.
In einer Studie von 2021 zeigte ein Team der US-Universität Texas, dass Gemische von Pestiziden auf Bienen schädlicher wirken als einzelne Substanzen. Ob es solche verstärkenden Wirkungen auch bei Menschen gibt, ist bis heute nicht erforscht.
Einige Pestizide können auch in kleinen Mengen den Hormonhaushalt stören: Laborversuche des EU-Forschungsprojekts Contamed zeigten, dass Fungizide wie Fludioxonil und Fenhexamid männliche Sexualhormone hemmen.
Die Forscher hielten bereits 2012 fest, dass die gesetzlichen Massnahmen nicht ausreichen, um Menschen vor der Kombination verschiedener hormonaktiver Stoffe zu schützen.
Im aktuellen K-Tipp-Test wies das Labor in sechs Produkten Fludioxonil und Fenhexamid nach – so auch in der Beerenmischung von Coop Prix Garantie: Das Produkt enthielt Rückstände von 8 verschiedenen Pestiziden. Eine zweite günstige Beerenmischung im Test, von Migros M-Budget, war mit 6 Pestiziden belastet.
Insgesamt schnitten 5 Produkte ungenügend ab. Die Beerenmischungen von M-Budget, M-Classic und Prix Garantie stammten gemäss Deklaration aus Serbien, die «Sweet Valley Himbeeren» von Aldi aus der Ukraine und das Denner-Produkt aus Deutschland.
Insekten und Vögel sterben aus
Der K-Tipp wertet aus Gründen der Gesundheitsvorsorge und des Umweltschutzes auch bei Pestizidrückständen ab, die unter den gesetzlichen Grenzwerten für einzelne Substanzen liegen. Der Grund: Solange die Summengrenzwerte fehlen, lassen sich die Konsumenten und die Natur nur so vor schädlichen Chemie-Cocktails schützen.
Die meisten der gefundenen Stoffe verschmutzen gemäss der europäischen Chemikalienagentur langfristig die Gewässer. Selbst geschützte Gebiete, die eigentlich als Rückzugsraum für Pflanzen, Insekten und Vögel gedacht sind, werden schleichend verschmutzt. Das konnte die Konsumentenzeitschrift «Saldo» bereits vor zwei Jahren mit Messungen in Naturschutzgebieten beweisen («Saldo» 10/2021). Die Folge: Viele Lebewesen sterben aus.
Experten des Wasserforschungsinstitutes Eawag der ETH Zürich und des Ökotoxzentrums prangern die Pestizid-Cocktails in den Schweizer Gewässern bereits seit Jahren an. In verschiedenen Studien zu Bächen wurden bereits Cocktails mit mehr als 30 Pestiziden gefunden.
Keine Pestizide in Bio-Produkten
Wer beim Verzehr von Beeren Pestizide vermeiden möchte, sollte auf Bio-Produkte setzen. In allen untersuchten Biobeeren-Produkten fand das Labor keine Chemierückstände.
Bio-Beeren sind aber oft deutlich teurer als konventionell angebaute Beeren. So kostet zum Beispiel die Naturaplan-Beerenmischung von Coop Fr. 2.10 pro 100 Gramm.
Die gleiche Menge Beeren von M-Budget und Prix Garantie gibt es bereits für 70 Rappen. Das einzige sehr gute konventionelle Produkt im Test waren die «Heidelbeeren wild» von Coop Qualité & Prix.
So hat der k-Tipp getestet
Ein deutsches Spezial- labor untersuchte für den K-Tipp 15 Tiefkühl- beeren auf mehrere Hundert Pestizide, darunter auch das be- sonders umstrittene Glyphosat. Zudem mass es, ob auf den Produk- ten Schimmel, krank machende Bakterien und Viren wachsen.
Erfreulich: In keinem der Produkte liessen sich gefährliche Noroviren, Salmonellen, Listerien oder Darmbakterien nachweisen.
Die zwei Produkte von Migros M-Classic enthielten jedoch Schimmelpilze über dem Grenzwert der Deutschen Gesellschaft für Hygiene und Mikrobiologie. Die Schweizer Hygieneverordnung kennt keine Grenzwerte für Schimmelpilzgehalte.
Die Migros schreibt in einer Stellungnahme, dass schlechte Witterungsbedingungen beim Anbau Einfluss auf die Schimmelpilzbildung haben könnten.
Laut einem Vergleich der Zeitschrift «Saldo» sind frische Beeren deutlich häufiger und stärker von Schimmelpilzen befallen als tiefgefrorene Produkte («Saldo» 13/2014).
Damals wurden zehn frische Packungen Himbeeren und Heidelbeeren mit zehn Produkten aus dem Tiefkühler verglichen.
Gemessen wurde auch der Gehalt an Vitamin C und Folsäure. Das Ergebnis: Die Beeren aus dem Tiefkühler enthielten ähnlich viele gesunde Mikronährstoffe wie die frischen Früchte.