Gemäss der Amerikanischen Chemischen Gesellschaft gelangen jedes Jahr etwa 14'000 Tonnen Sonnenschutzmittel in die Weltmeere. So geraten auch UV-Filter in die Gewässer, die der Umwelt schaden. Zum Schutz der Korallenriffe verbot Hawaii 2021 den UV-Filter Octinoxat. Der K-Tipp-Test zeigt: Die Schweizer Sonnencreme Daylong Sensitive besteht zu 9,9 Prozent aus Octinoxat. In der Schweiz ist ein Anteil von 10 Prozent erlaubt.
Ein deutsches Labor prüfte für den K-Tipp und die TV-Sendung «Kassensturz» zehn Sonnencremes mit chemischen UV-Filtern und vier mit mineralischen UV-Filtern. Chemische Filter schützen, indem sie UV-Strahlen in Wärme umwandeln, mineralische Filter reflektieren UV-Strahlen.
Das Labor untersuchte die Produkte nach allergenen Duftstoffen, heiklen Konservierungsstoffen und Stabilisatoren sowie nach 17 chemischen UV-Filtern. Die Wirksamkeit der Cremes war kein Testkriterium.
Ergebnis: Drei der vier mineralischen Sonnencremes enthielten keine heiklen Stoffe. Salt & Stone verwendet als UV-Filter Zinkoxid, bei Eco Cosmetics sind es Titandioxid und bei Laboratoires de Biarritz beide Stoffe. Diese gelten als empfehlenswert, sofern sie in der Creme nicht als Nanopartikel enthalten sind. Solche Kleinstteilchen stehen im Verdacht, sich negativ auf Wasserlebewesen auszuwirken. Die drei Testsieger enthielten keine solchen Partikel – in anderen Sonnencremes mit mineralischen UV-Filtern können sie aber vorhanden sein.
Tipp: Auf der Verpackung die Liste der Inhaltsstoffe prüfen. Nanopartikel müssen deklariert sein – mit «Nano».
Die ebenfalls mineralische Sonnencreme Speick enthielt Benzylalkohol, einen schwach allergenen Duftstoff. Die Creme wird als parfümfrei angepriesen. Der Hersteller sagt dazu, er setze Benzylalkohol zur Konservierung und nicht als Duftstoff ein.
Heikle Stoffe für Mensch und Umwelt
Der Test zeigt auch: Alle Sonnencremes mit chemischen UV-Filtern enthielten einen Mix aus heiklen Substanzen: In sieben Produkten fand das Labor PEG oder EDTA. Diese Stoffe dienen als Stabilisatoren und Bindemittel und machen die Haut durchlässig für Fremdstoffe. Das ist stossend, weil die Cremes ausdrücklich für empfindliche Haut beworben werden.
Alle diese Cremes enthielten zudem umweltbelastende UV-Filter. Die Wetter- und Ozeanografiebehörde der USA erforscht unter anderem die Meere. Sie warnt: Verschiedene chemische UV-Filter könnten Korallen töten, Seeigel deformieren, bei männlichen Fischen weibliche Merkmale hervorrufen und sich in Delfinen anreichern.
Der K-Tipp bewertete die UV-Filter mit Hilfe der Datenbank des deutschen Umweltbundesamtes. Es beurteilt das Umweltrisiko von Chemikalien. Im Fokus: die biologische Abbaubarkeit, die Anreicherung in Organismen, die Giftigkeit für Säugetiere und Wasserorganismen sowie mögliche Auswirkungen auf das Hormonsystem.
Laut dem Bundesamt sind chemische UV-Filter in der Umwelt «omnipräsent». Bereits 2005 wies eine Studie chemische UV-Filter in Fischen nach, etwa im Zürichsee.
Das Umweltbundesamt stuft fünf der zehn im Test nachgewiesenen UV-Filter als deutlich wassergefährdend ein. Die UV-Filter Amiloxat oder Octisalat stehen im Verdacht, das Hormonsystem zu stören. Mindestens einer der Stoffe war in den Produkten von Ultrasun, Garnier Ambre Solaire, Louis Widmer, Sherpa Tensing und Collistar enthalten.
Die Cremes von Garnier Ambre Solaire, Sun Look, Nivea Sun und Eucerin wiesen Avobenzon oder Octocrilen auf. Die Europäische Chemikalienagentur hat Hinweise darauf, dass diese UV-Filter in der Umwelt schlecht abbaubar sind und sich in Organismen anreichern. Das von Hawaii verbotene Octinoxat birgt all diese Gefahren.
Die Migros-Creme Sun Look enthielt Benzophenon. Gemäss Europäischer Chemikalienagentur kann dieser Stoff Krebs erzeugen. Zudem gebe es Meldungen, dass er bei wiederholtem Kontakt Organschäden verursachen kann. Eine französische Studie zeigte 2021, dass die Konzentration von Benzophenon in einer Sonnencreme mit der Zeit zunimmt: Je älter die Creme, desto grösser ist das Risiko von Benzophenon.
2019 ergab eine Studie der US-Arzneimittelbehörde, dass chemische UV-Filter in Sonnencremes durch die Haut in den Blutkreislauf gelangen. Einige Stoffe waren 21 Tage nach dem Auftragen noch immer im Blut nachweisbar.
Bedenklicher Cocktail von Substanzen
Umwelttoxikologin Joëlle Rüegg von der Universität Uppsala in Schweden findet es bedenklich, dass die Sonnencremes im K-Tipp-Test mehrere chemische UV-Filter enthielten: «Das ergibt einen Cocktail, der die Grenzwerte leicht überschreitet.» Dieser Effekt werde bei der Gesetzgebung kaum beachtet.
Die Migros verspricht, Octocrilen und EDTA aus der Sun-Look-Creme zu entfernen. Das Produkt von Sherpa Tensing kommt laut Hersteller inzwischen ohne Octisalat und EDTA aus.
So wurde getestet
Das deutsche Labor Dr. Wirts + Partner prüfte für den K-Tipp und die TV-Sendung «Kassensturz» 14 wasserfeste Sonnencremes für empfindliche Haut mit Lichtschutzfaktor 50 und 50+. Zehn Produkte enthielten chemische UV-Filter, vier Produkte mineralische UV- Filter ohne Nanoteilchen. Das Labor suchte nach folgenden Inhaltsstoffen:
- Allergene Duftstoffe: Sie können bei empfindlichen Personen Kontaktekzeme, Bläschen und offene Wunden verursachen. Die Stoffe müssen bei Sonnencremes ab 10 Milligramm pro Kilo deklariert sein.
- Stoffe, welche die Hautbarriere schwächen: PEG, PEG-Derivate und EDTA dienen als Stabilisatoren und Bindemittel. Sie machen die Haut durchlässig für Fremdstoffe.
- Konservierungsstoffe: Formaldehyd kann Augen, Haut und Atemwege reizen und gilt als erbgutverändernd. Butylhydroxytoluol (BHT) und Butylhydroxyanisol (BHA) können über die Haut in den Körper gelangen. Die beiden Stoffe stehen im Verdacht, hormonell zu wirken.
- Chemische UV-Filter: Das Labor suchte nach 17 kritischen UV-Filtern.
Diese UV-Filter sollten Sie meiden
Die Hersteller müssen auf der Verpackung ihrer Sonnencremes die enthaltenen UV-Filter deklarieren. Nachfolgende Stoffe stuft das deutsche Umweltbundesamt als wassergefährdend ein:
Deutlich wassergefährdend:
- Amiloxat (Isoamyl p-Methoxycinnamate)
- Avobenzon (Butyl Methoxydibenzoylmethane)
- EHD-PABA (Ethylhexyl Dimethyl-PABA)
- Enzacamen (4-Methylbenzylidene Camphor)
- Homosalat (Homomenthylsalicylat)
- Octinoxat (Ethylhexyl Methoxycinnamate)
- Octisalat (2-Ethylhexyl Salicylate)
- Octocrilen (2-Ethylhexyl 2-Cyano-3,3-diphenylacrylate)
- Oxybenzon (Benzophenone-3)
- PABA (4-Aminobenzoesäure)
- Benzotriazolyl Dodecyl p-Cresol (2-(2H-Benzotriazol-2-yl)-6-dodecil-4-methyl-phenol)
Schwach wassergefährdend:
- DHHB (Diethylamino Hydroxybenzoyl Hexyl Benzoate)
- Ensulizol (Phenylbenzimidazole Sulfonic Acid)
- Iscotrizinol (Diethylhexyl Butamido triazone)
- Octyltriazon (Ethylhexyl Triazone)
- Sulisobenzon (Benzophenone-4)
- Tinosorb M (Methylene Bis-Benzotriazolyl Tetramethylbutylphenol)