Die meisten Mückensprays sind gemäss Verpackung ab einem Alter von ein oder zwei Jahren empfohlen. Eltern sollten aber wissen: Acht von zehn Mückensprays sind für Kinder ein Gesundheitsrisiko.
Im Auftrag von K-Tipp und «Kassensturz» ermittelte ein Labor, wie lange die Sprays Mücken fernhalten. Weitere Experten prüften die Mittel auf problematische Duftstoffe.
Ergebnis: Ein einziger Spray war gesamthaft gut. Das Migros-Produkt «Anti Insect Sensitive» schützte im Labor rund fünf Stunden vor Mücken und war frei von heiklen Stoffen. Bei der Wirkungsdauer erzielte der Spray «Anti Brumm Forte» mit mehr als sieben Stunden die Bestnote. Doch mit dem Mittel gelangen fünf stark allergene Stoffe auf die Haut. Die übrigen acht Sprays waren «ungenügend» oder «schlecht».
Die Sprays «Kik Strong Insektenschutz» und «Mos-ki-No Mückenschutz» bewährten sich im Praxistest zwar sehr gut. Doch sie enthielten hohe Mengen der verbotenen Duftstoffe Lyral und Lilial. Gründe für das Verbot: Das nach Maiglöckchen riechende Lyral ist der aggressivste von allen allergenen Duftstoffen. Lilial kann laut der Europäischen Chemikalienagentur unfruchtbar machen und dem Kind im Mutterleib schaden. Die Stoffe können über Haut, Atmung und Hände in den Körper gelangen.
Bund will gegen Hersteller vorgehen
Produkte mit Lyral sind in der Schweiz und der EU seit August 2021 verboten, solche mit Lilial seit März 2022. Weshalb sind immer noch Produkte mit beiden Stoffen im Verkauf? Gemäss Bundesamt für Gesundheit gelten Insektensprays als Biozidprodukte. Diese seien zulassungspflichtig. Produkte, die vor dem Verbot zugelassen waren, könnten noch immer Lyral und Lilial enthalten, «falls die Hersteller ihre Produkte nicht pflichtgemäss angepasst haben».
Das Bundesamt will aufgrund des K-Tipp-Tests aktiv werden: «Produkte mit verbotenen Stoffen befinden sich illegal auf dem Markt.» Die Behörde sagt, man kläre nun ab, ob die Hersteller ihre Sprays sofort aus dem Handel nehmen müssen oder ob man ihnen eine Frist gewährt.
Riskanter Duftstoff in fünf Sprays
Fünf Mückensprays enthielten den allergenen und wahrscheinlich krebserregenden Duftstoff Methyleugenol. Grund dafür ist der aus dem Zitroneneukalyptus gewonnene Wirkstoff Citriodiol, dessen Duft Mücken vertreiben soll. Citriodiol enthält Methyleugenol. Laut Bundesamt klärt die Europäische Chemikalienagentur zurzeit ab, wie viel Methyleugenol in Citriodiol enthalten sein darf. Für die betroffenen Produkte bestehe eine «vorläufige Zulassung».
Kosmetika, die auf der Haut verbleiben, dürfen nicht mehr als 2 Milligramm pro Kilo (mg/kg) Methyleugenol aufweisen. Diesen Wert übertrafen die Sprays klar: «Anti Insect Natural», «Anti Insect Forte», «Anti Brumm Naturel» und «Gejo» enthielten 28 bis 67 mg/kg Methyleugenol – «Farfalla Naturel» gar 130 mg/kg. Auch beim Methyleugenol verweist das Bundesamt auf die Selbstverantwortung der Industrie. Allerdings räumt die Behörde ein, dass es den in Biozidprodukten enthaltenen Parfüms bisher zu wenig Beachtung geschenkt habe.
Konsumenten erfahren in der Regel nichts von den riskanten Duftstoffen in den Sprays. Hersteller müssen die meisten erst ab einem Gehalt von 1000 mg/kg angeben. Zum Vergleich: Bei Sonnenschutzsprays gilt die Deklarationspflicht ab 10 mg/kg.
Die Hersteller sagen gegenüber dem K-Tipp, ihre Produkte seien sicher. Die Martec Handels AG schreibt, die Stoffe Lilial und Lyral seien künftig in Moski-No und Kik Strong nicht mehr enthalten.
So hat der K-Tipp getestet
Das Testlabor der Biogents AG in Regensburg (D) prüfte die Wirksamkeit von zehn Mückensprays. Das Labor Dr. Wirts + Partner in Hannover (D) untersuchte die Sprays zudem auf allergene Stoffe.
- Wirksamkeit: Die Experten rieben die gereinigten und desinfizierten Unterarme von fünf Freiwilligen mit dem jeweiligen Spray ein. In fünf Testkäfigen warteten je 33 Gelbfiebermücken. Die Testpersonen hielten ihre Unterarme während drei Minuten an ein Fenster im Käfigboden. Dieser Vorgang wurde alle 30 Minuten wiederholt. Ein Produkt galt dann nicht mehr als wirksam, wenn die Mücken eine Testperson innert drei Minuten zwei Mal stachen oder der zweite Stich 30 Minuten später erfolgte.
- Allergene Stoffe: Sie können Hautausschläge auslösen. Einige Stoffe gelten zudem als krebserregend und erbgutschädigend. Die geprüften Sprays enthielten insgesamt drei Wirkstoffe. Mit DEET und Icaridin sollen Mücken menschliche Gerüche nicht mehr wahrnehmen. DEET gilt als besonders wirksam, kann aber Augen und Schleimhäute reizen sowie allergische Reaktionen auslösen. Icaridin ist besser verträglich. Citriodiol soll Mücken durch seinen starken Duft fernhalten.
«Hersteller beachten schädliche Stoffe zu wenig»
Peter Schmid-Grendelmeier, Leiter der Allergiestation der Dermatologischen Klinik am Unispital Zürich, zu heiklen Stoffen in Mückensprays.
Das Labor fand in den meisten Mückensprays stark allergene, fruchtbarkeitschädigende und wahrscheinlich krebserregende Duftstoffe. Überrascht Sie das?
Nur bedingt. Gerade bei Mückensprays achten einige Hersteller zu wenig auf Stoffe, die der Gesundheit schaden. Das muss sich ändern – auch deshalb, weil man die Mittel oft grossflächig auf die Haut aufträgt. Zudem sind die meisten Menschen irgendwann auf solche Produkte angewiesen. Gerade in den Tropen benötigt man die Mittel, um sich vor übertragbaren Krankheiten wie etwa Malaria oder Denguefieber zu schützen.
Was geschieht bei einer allergischen Reaktion?
Bei Leuten mit empfindlicher Haut oder einer Duftstoffallergie können Kontaktekzeme wie etwa Rötungen und Schuppungen auftreten. Einige Patienten reagieren auf Insektensprays mit nesselfieberähnlichen Ausschlägen. Solche Reaktionen können schneller und stärker auftreten, wenn die besprühte Haut von der Sonne bestrahlt wird.
Worauf sollte man beim Anwenden von Insektensprays achten?
Die Mittel sollten nicht auf verletzte Haut gelangen. Bei empfindlicher Haut oder einer bekannten Kontaktallergie ist es sinnvoll, die Sprays zuerst probeweise auf eine kleine Hautstelle aufzutragen. Die Anwendung auf Kleidern ist meist ebenso wirksam und gesundheitlich weniger heikel. Man sollte bevorzugt Produkte ohne heikle Stoffe verwenden, selbst wenn diese etwas weniger lang wirken. Man muss sie dann lediglich häufiger auftragen.
Was ist bei Babys und Kleinkindern zu beachten?
Ideal sind möglichst deckende Kleider und Insektennetze oder -gitter. Beim Kauf eines Insektensprays sollten Eltern darauf achten, duftstofffreie Produkte zu wählen. Weltweit leiden immer mehr Leute unter Duftstoffallergien. Das liegt unter anderem daran, dass Kinder verstärkt mit den heiklen Stoffen in Kontakt kommen.