Verbotene Aromen statt Natur pur
Etliche Ananassäfte und -nektare dürften nicht im Verkaufsregal stehen. Unter anderem deshalb, weil sie mit künstlichen Aromastoffen aufgepeppt wurden.
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K-Tipp 12/2003
18.06.2003
Rolf Muntwyler - rom@ktipp.ch
Wer mit einem Glas Ananassaft einen Hauch Exotik herbeizaubern möchte, wird oft enttäuscht: Geschmacklich geben Ananasgetränke wenig Fruchtgeschmack her. Dazu kommt: Acht von zehn Ananassäften und -nektaren enthalten nicht genügend natürliche Aromastoffe oder sind gar mit künstlichen Aromen versetzt. Das ist die Bilanz einer Untersuchung, die der K-Tipp im deutschen Labor Dr. Haase-Aschoff durchführen liess. Zwei Fragen sollten im Labortest beantwortet werden:
- Enthalten ...
Wer mit einem Glas Ananassaft einen Hauch Exotik herbeizaubern möchte, wird oft enttäuscht: Geschmacklich geben Ananasgetränke wenig Fruchtgeschmack her. Dazu kommt: Acht von zehn Ananassäften und -nektaren enthalten nicht genügend natürliche Aromastoffe oder sind gar mit künstlichen Aromen versetzt. Das ist die Bilanz einer Untersuchung, die der K-Tipp im deutschen Labor Dr. Haase-Aschoff durchführen liess. Zwei Fragen sollten im Labortest beantwortet werden:
- Enthalten die Säfte und Nektare künstliches Aroma? Laut Gesetz ist es verboten, künstliche Aromen zuzugeben. Während Säfte aus reinem Fruchtsaft bestehen, müssen Nektare nur 50 Prozent Ananassaft enthalten.
- Wurden die Getränke wie gesetzlich vorgeschrieben rearomatisiert? Bei Getränken aus Konzentrat verflüchtigen sich Aromastoffe, wenn die Hersteller den Fruchtsaft im Ernteland einkochen. Laut Lebensmittelverordnung müssen diese Aromen aufgefangen und den Konzentraten im Nachhinein wieder zugeführt werden.
Die Laborwerte zeigen, dass nur die beiden nicht aus Konzentrat hergestellten Säfte ein für Ananas typisches Aromaspektrum haben: der Beutelsbacher Bio-Ananassaft und der Jus Ananas aus dem Globus.
Die übrigen Getränke sind aus Konzentrat und Trinkwasser hergestellt. Die meisten verletzen aber die gesetzlichen Vorschriften: Entweder enthalten sie künstliche Aromastoffe (Malee, Migros Gold, Granador, Hero Viva) oder es fehlen die natürlichen Aromastoffe, die beim Einkochen verloren gingen (Michel, UFC, Coop und Granini).
Deshalb dürften sie gar nicht in den Verkauf gelangen. Sie wurden in der K-Tipp-Bewertung um eine Stufe abgewertet.
Michel-Vertreiberin Rivella sowie Granini stellen sich auf den Standpunkt, eine natürliche Rearomatisierung sei bei Nektaren nicht nötig. Doch das Bundesamt für Gesundheit (BAG) winkt ab. «Die Konsumenten dürfen auch bei Nektaren erwarten, dass das Ananasaroma unverfälscht vorhanden ist», sagt der zuständige BAG-Sektionschef Christoph Spinner. Globus hat aufgrund dieses Befundes entschieden, den Michel-Nektar vorderhand aus dem Verkauf zu nehmen.
Ebenfalls radikale Massnahmen ergriffen haben Hero und Coop. Hero hat die Auslieferung des betroffenen Produkts sofort gestoppt. «Wir werden die Säfte analysieren lassen, um festzustellen, ob einer der Lieferanten künstliche Aromen zusetzt», schreibt die Geschäftsleitung von Hero.
Beim Coop Ananassaft fehlte die natürliche Rearomatisierung. Coop ist zwar mit der harten Gesetzesauslegung nicht einverstanden: «Der grösste Teil der weltweit hergestellten Ananassäfte dürfte laut Schweizer und EU-Gesetzen nicht mehr verkauft werden.»
Doch will sich Coop dem BAG fügen, das die K-Tipp-Bewertung «gesetzliche Vorgaben nicht erfüllt» bestätigte, und liefert keine Ananassäfte mehr in die Läden, «bis die Lage geklärt ist».
Nun hat auch die Epa entschieden, die Nektare Granini und Granador aus dem Verkauf zu nehmen - obwohl Granador nur Spuren von künstlichen Aromen enthielt und deshalb nicht abgewertet wurde.
Die Migros schreibt, der getestete Gold-Saft sei nicht mehr im Verkauf. Inzwischen habe man den Lieferanten gewechselt.
Schlechter Nachgeschmack
Sie halten die Becher hoch, schwenken die Flüssigkeit, schnüffeln daran, lassen den ersten Schluck im Mund wirken: Degustatorinnen und Degustatoren verkosten für den K-Tipp Ananassäfte. Freude an den Getränken will aber nicht aufkommen, eine gerunzelte Stirn da, Nasenrümpfen dort.
Die zehn im Labor getesteten Säfte und Nektare mussten sich auch im Gaumen bewähren. Als Massstab kamen bei der Blinddegustation ein frisch gepresster Ananassaft dazu sowie der Saft aus einer Büchse Ananasscheiben. Das Degustatorenteam im Zürcher Restaurant Hiltl bestand aus Laien und folgenden Experten:
- Ester Heim, Inhaberin des Saftherstellers «Juice (x)press»
- Bruna Mäder, Qualitätsverantwortliche Biotta
- Helmut Schattauer, Kreateur von Säften und Produktverantwortlicher der Restaurants Tibits
- Mikael Fernström, Hotelfachmann, Hotel Schweizerhof, Lenzerheide
Das Urteil «gut» blieb dem frisch gepressten Saft vorbehalten, der ausser Konkurrenz im Rennen war. Von den getesteten Säften gefiel der Beutelsbacher Ananassaft am besten (Urteil «genügend»). Dieser Saft wird aus frischen Ananas gepresst und direkt abgefüllt. Die Degustatoren bezeichneten ihn als «fruchtig» und «vielschichtig», aber auch als «zu süss».
Der zweite so genannte Direktsaft, der Jus Ananas aus dem Globus, fand aber keine Gnade: Er sei «unausgewogen», «fad», «unappetitlich» und gar «leicht faulig».
Dass Säfte aus Konzentrat und ohne Rearomatisierung nicht besonders schmackhaft sind, überrascht wenig (siehe Artikel). Doch verhilft auch das Zufügen synthetischer Stoffe den Säften nicht zum typischen Ananasaroma. Von den künstlich aromatisierten Getränken erreichte nur der Malee Pineapple Juice wenigstens eine genügende Degustationsnote.
Erstaunlich gut ist der Saft aus der Del-Monte-Büchse mit Ananasscheiben. Mit Ausnahme vom Frischsaft und vom Beutelsbacher Bio-Saft mussten sich alle Säfte und Nektare vom Saft aus der Konservendose überflügeln lassen. Einige Degustatoren bemängelten allerdings, er sei zu süss.
(rom)