Vor den Milchregalen der Grossverteiler gerät man angesichts der grossen Auswahl schnell einmal ins Grübeln. Es gibt normale Pastmilch, Heumilch, Bergheumilch, Wiesenmilch, Heidi-Milch, Bio-Milch, Bio-Demeter-Milch und je nach Region noch weitere Sorten. Auf den Verpackungen sieht man glückliche Kühe, Berge und Blumenwiesen.
Name und Aufmachung sollen eine besondere Qualität versprechen – obwohl es sich bei all diesen Produkten auch nur um Vollmilch handelt. Doch welche Milch bietet tatsächlich die meisten wertvollen Inhaltsstoffe? Und welche Produkte sind frei von Pestiziden? Auf den Verpackungen findet man keine Angaben zum Gehalt an Vitaminen oder den wertvollen Omega-3-Fettsäuren. Sie sind wichtig für Herz und Blut.
Der K-Tipp-Test gibt Antworten: Ein spezialisiertes Labor hat 15 Produkte der Grossverteiler chemisch analysiert. Das beruhigende Ergebnis: Die Qualität von pasteurisierter Schweizer Vollmilch ist generell hoch. Pestizide konnten weder in der günstigen Valflora-Milch der Migros für Fr. 1.10 pro Liter noch in den Demeter-Produkten für fast 2 Franken pro Liter festgestellt werden.
Unterschiede zeigten sich im Test aber dennoch: Die meisten wertvollen Fettsäuren und Vitamine fanden die Experten in Bio-Demeter- und Bio-Milch. Die drei Testsieger, «Spar Natur Pur», «Coop Naturaplan Demeter» und «Molkerei Biedermann Demeter», bekamen deshalb die Höchstnote 6. Sehr viele Vitamine, aber vergleichsweise etwas weniger Omega 3 enthielten die beiden Bergmilch-Produkte von Aldi und Coop.
Omega 3: Testsieger mit höherem Gehalt
Die Heumilch von Coop, die Wiesenmilch von Denner und die Heidi-Milch der Migros unterschieden sich beim Omega-3- und Vitamin-Gehalt dagegen kaum von der «normalen» Vollmilch.
Die Experten bewerteten den Gehalt an Omega-3-Fettsäuren in Prozent und die Summe der Vitamine A und D pro Deziliter. Bei den Testsiegern betrug der Gehalt an Omega-3-Fettsäuren jeweils über 70 Milligramm pro Deziliter Milch. In der Standardmilch von Emmi waren es etwas weniger als 50 Milligramm. Diese Resultate decken sich im Wesentlichen mit einem Milch-Test, den die Zeitschrift «Gesundheitstipp» vor gut zehn Jahren durchführte (2/2007). Auch damals enthielt Bio-Vollmilch deutlich mehr Omega-3-Fettsäuren als normale Vollmilch.
Gutes Futter für Schweizer Milchkühe
Dass es bei den normalen Vollmilch-Sorten nur geringe Qualitätsunterschiede gibt, liegt an den generell guten Fütterungsbedingungen von Milchkühen in der Schweiz. Mehr als 80 Prozent der Tiere verbringen von Mai bis Ende Oktober die meiste Zeit im Freien. Zwei Drittel der Schweizer Bauern machen zudem beim Programm «graslandbasierte Milch- und Fleischproduktion» mit («Saldo» 1/2017). Dort bekommen Kühe bis zu 80 Prozent Raufutter. Dazu zählen frisches Gras, Heu und vergorenes Gras, die sogenannte Silage.
Je grösser der Anteil verschiedener Kräuter im Raufutter ist und je weniger Kraftfutter die Kühe bekommen, desto mehr wertvolle Inhaltsstoffe enthält ihre Milch. Kraftfutter besteht etwa aus Mais und Sojaschrot. Bauern wollen damit die Milchproduktion ihrer Tiere steigern. Die Fütterungsbedingungen von Heumilch-Kühen und normalen Milchkühen unterscheiden sich in der Schweiz kaum. Beiden wird ähnlich viel Raufutter gegeben.
Nur Bio-Knospe- und Demeter-Bauern müssen bei der Tiernahrung höhere Anforderungen erfüllen: Bei Bio-Knospe-Kühen gilt ein Verhältnis von 90 Prozent Raufutter zu 10 Prozent Kraftfutter. In der Demeter-Landwirtschaft wird wenn möglich ganz auf Kraftfutter verzichtet.
Die meisten Händler kommentieren die Testergebnisse nicht. Für die Migros und Emmi sind sie «plausibel». Laut Emmi beeinflussen neben dem Raufutteranteil auch die Jahreszeit und die Lage der Wiesen die Fettzusammensetzung: «Alpwiesen in höheren Lagen erhöhen den Gehalt wertvoller Inhaltsstoffe.»
Auch Aldi sagt, dass sich Schwankungen bei der Zusammensetzung der Milch nicht vermeiden liessen. Den höheren Preis der Milfina-Bergheumilch erklärt der Discounter damit, dass diese ohne Silogras hergestellt werde. Das Heu stamme von Schweizer Bergwiesen.
Übrigens: Wer wegen der längeren Haltbarkeit UHT-Vollmilch der Past-Milch vorzieht, muss keine Einbussen an wertvollen Fettsäuren befürchten. Das UHT-Verfahren verändert die Fett-Zusammensetzung nicht. Bei teilentrahmter Milch hingegen nimmt der Anteil an Fettsäuren parallel zum gesamten Fett ab.
Dank besserem Futter hat auch Bio-Fleisch die Nase vorn
Kühe, die statt Kraftfutter vor allem Gras und Heu fressen, geben nicht nur bessere Milch, sie liefern auch gesünderes Fleisch. Das zeigen zwei englische Auswertungen von insgesamt 267 Einzelstudien zu Milch und Fleisch.
Die Forscher der Universität Newcastle kamen im März 2016 zum Schluss: Bio-Fleisch enthält weniger gesättigte Fettsäuren als Fleisch aus konventionellem Anbau («Saldo» 4/2016).
Diese Fette erhöhen das Risiko von Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Und: Fleisch aus Bio-Landbau enthält wie die Bio-Milch deutlich mehr wertvolle Omega-3-Fettäuren.