Was draufsteht, ist nicht drin
Energieriegel und -tabletten sind laut Verpackung wahre Vitaminbomben. Der tatsächliche Vitamin-gehalt ist aber meist viel tiefer.
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K-Tipp 1/2003
15.01.2003
Patrick Gut - pgut@ktipp.ch
Mit Energieriegeln, -gels und -tabletten für Sportler werden in der Schweiz jährlich Millionenbeträge umgesetzt. Die Produkte enthalten in aller Regel grosse Mengen der energieliefernden Kohlenhydrate, vielen sind auch Vitamine zugesetzt. Vitamine spielen unter anderem bei der Umsetzung von Kohlenhydraten und anderen Nährstoffen in Energie eine Rolle.
Der K-Tipp wollte wissen, ob man tatsächlich erhält, was man bezahlt. Er liess 19 Produkte auf den Gehalt an energiefördernden Vitam...
Mit Energieriegeln, -gels und -tabletten für Sportler werden in der Schweiz jährlich Millionenbeträge umgesetzt. Die Produkte enthalten in aller Regel grosse Mengen der energieliefernden Kohlenhydrate, vielen sind auch Vitamine zugesetzt. Vitamine spielen unter anderem bei der Umsetzung von Kohlenhydraten und anderen Nährstoffen in Energie eine Rolle.
Der K-Tipp wollte wissen, ob man tatsächlich erhält, was man bezahlt. Er liess 19 Produkte auf den Gehalt an energiefördernden Vitaminen B1, B2, Niacin (B3) und C testen. Das Schweizerische Vitamininstitut in Lausanne führte die Analysen durch.
Die Resultate der Stichprobe sind ernüchternd. 12 von 19 Produkten enthielten weniger Vitamine als auf der Verpackung angegeben (rote Balken in Tabelle). Der Vitamin-C-Gehalt des Riegels Champ war gar 63 Prozent zu tief.
Pius Kölbener, Leiter der Abteilung Chemie beim St. Galler Amt für Lebensmittelkontrolle, sagt zu den Resultaten der K-Tipp-Stichprobe: «Bei Abweichungen von 20 Prozent und mehr nach unten wird der Konsument getäuscht.» Geringere Abweichungen müsse man bei den aktuellen Messmethoden tolerieren.
Am schlechtesten schnitt der Riegel von Soledor ab: Massiv zu wenig Vitamin B1 (-50 %) und B3 (-49,8 %). Soledor-Chef Werner Rutishauser «bedauert» die Resultate und verspricht, dass er «der Angelegenheit nachgehen» werde.
Ähnlich äusserten sich auch die Verantwortlichen bei Wander (Hersteller von Isostar), Sponser und Power Bar zu den Beanstandungen.
Wander nennt Gründe, die zu Unregelmässigkeiten beim Vitamingehalt führen könnten. So würden sich die Vitamine im Riegel nicht gleichmässig verteilen, Sauerstoff könne gewisse Vitamine zerstören und auch Wärme oder Feuchtigkeit könnten sich negativ auswirken.
Für Sponser steht als Erklärung «ein Fehler bei der Herstellung der Vitaminmischung im Vordergrund».
Power Bar hat die Resultate der Stichprobe durch eigene Analysen bestätigt. «Wir arbeiten an Verbesserungen», sagt der Qualitätsverantwortliche Wolfgang Hoppach.
Wena Sport, Vertreiber der deutlich untervitaminisierten Riegel von Champ und Multipower, nahm keine Stellung zu den Resultaten.
Allerdings: Längst nicht immer bekommt der Konsument weniger, als er bezahlt. Das Vitamininstitut stellte in vielen Fällen Überdosierungen fest. Zum Beispiel dreimal mehr Vitamin C als angegeben beim High Energy Bar Sports + Fit aus der Migros.
«Überdosierungen dienen dazu, den Abbau der Vitamine bei der Lagerung der Riegel zu kompensieren», sagt der Qualitätsverantwortliche Remo Jutzeler der Firma Sponser, die den Riegel für Migros herstellt.
Sämtliche in der Stichprobe festgestellten Übervitaminisierungen bewegen sich im gesetzlichen Rahmen.
Bleibt die Frage, für wen sich diese «Energielieferanten» eignen. «Eine ungenügende Ernährung lässt sich mit solchen Produkten nur beschränkt aufwerten», stellt Christof Mannhart, Ernäh-rungswissenschafter beim Bundesamt für Sport, klar.
Und Mannhart weiter: «Sportlich Inaktive, die oft sowieso zu viel essen, sollten auf solche Energienahrung verzichten.» Und wer nicht an Vitaminmangel leide, dürfe keine Leistungssteigerung erwarten.
Mannhart empfiehlt den Konsum solcher Produkte in Kombination mit genügend Flüssigkeit nur während mehrstündiger intensiver Belastungen, ausserdem für Sportler, die mehrmals täglich trainieren, sowie als «Notnagel», um einem Hungerast vorzubeugen.
Im Vordergrund stehen dabei die Kohlenhydrate als eigentliche Hauptenergielieferanten.