Hersteller versprechen in der Werbung, dass Weissmacher-Zahnpasten zu weisseren Zähnen führen. Das kann funktionieren, wenn die Verfärbung nur auf der Oberfläche des Zahnmaterials auftritt. Solche Zahnpasten können also durchaus ihren Zweck erfüllen.
Schlechter sieht es mit den Nebenwirkungen aus: Weissmacher-Pasten mit hohem Abrieb (Abrasion) schrubben nicht nur den Zahnbelag weg, sondern auch das Zahnmaterial.
Colgate und Signal mit hohem Abrieb
Aus diesem Grund haben K-Tipp und Kassensturz die meistverkauften Weissmacher-Zahnpasten im amerikanischen Prüflabor Therametric Technologies untersuchen lassen: auf Abrieb und Zahnschutz.
Die gemessenen Abrasionswerte (RDA) liegen weit auseinander: von 45 bis 177. Die Zahnpaste Swissdent Stainless mit dem tiefsten Wert 45 ist sogar weniger abrasiv als viele normale Zahnpasten. Laut Swissdent soll Stainless die Zähne in erster Linie mittels chemischer Wirkstoffe aufhellen, nicht durch Abrasion. Relativ tiefe Werte hat das Labor auch bei Candida White Microcrystals und Pearl Drops Gel Raucher gemessen.
Einen hohen Abrieb hingegen verursachen Signal White System und Colgate Total Plus Whitening. Bruce Schemehorn, Prüfleiter des Testlabors, sagt: «Hätte ich Zahnfleischschwund, würde ich diese Zahnpasten nicht verwenden.»
Das Gros der getesteten Zahnpasten weist einen Abrieb zwischen 95 und 110 auf. Für Thomas Imfeld, Leiter der Abteilung Präventivzahnmedizin der Universität Zürich, sind die RDA-Resultate insgesamt erfreulich: «Die Hersteller haben etwas gelernt.» Früher seien die Abrasionswerte deutlich höher gewesen und damit auch die Gefahr, die Zähne zu schädigen.
Zahnschmelz wird nicht beschädigt
Im perfekt gesunden Mund sind die Weissmacher-Zahnpasten kein Problem. Solange mit abrasiven Zahnpasten nur auf dem harten Zahnschmelz geputzt wird, entstehen an den Zähnen keine Schäden. Den Schmelz kann man sich sein Leben lang nicht abschleifen.
Ungünstige Auswirkungen haben diese Pasten hingegen, wenn damit auf dem weicheren Dentin geschrubbt wird. Das passiert unweigerlich, sobald sich das Zahnfleisch zurückzieht und die Zahnhälse freiliegen. Das ist bei der Mehrheit der erwachsenen Bevölkerung der Fall: 86 Prozent aller 30- bis 39-Jährigen leiden an Zahnfleischschwund, bei Älteren sind es gar 96 Prozent. Eine hohe Abrasion ist deshalb für die Mehrheit der Anwender eher ein Problem als eine Hilfe.
Einzelne Hersteller deklarieren den RDA. Da die Norm zu allgemein ist, können Konsumenten die angegebenen Werte nicht vergleichen. Das ist ärgerlich. Zahnmediziner Thomas Imfeld plädiert deshalb dafür, dass die Abrasion nicht in Zahlen, sondern in Worten wie «hoch», «tief» oder «mässig» auf den Tuben deklariert wird.
In einer weiteren Untersuchung prüfte das Labor, ob das Fluorid nicht nur – wie angegeben – in den Zahnpasten enthalten ist, sondern auch, ob es sich löst – und damit seine schützende Wirkung entfalten kann. Die Candida White Sensitive löst das Fluorid am schlechtesten. Die Migros schreibt dazu, der K-Tipp hätte für ein «aussagekräftiges Resultat» mehr als eine Produktions-Charge prüfen müssen. Vergleichswerte hat die Migros aber keine.
Übrigens: Wie viel Geld Käufer in der Schweiz für spezielle Zahnpasten ausgeben, zeigen die Preise der eingekauften Produkte: 100 Milliliter kosten bis zu Fr. 40.–. Diese Menge reicht für zirka sechs Wochen. Am billigsten ist die Dentofit Lemonwhite (Fr. 1.35).
«Nur weiche Zahnbürsten verwenden»
Zahnmediziner Thomas Imfeld ist Experte in Sachen Zahn- und Zahnfleischschäden. Er beantwortet wichtige Fragen rund um Zähneputzen und Weissmacher-Zahnpasten.
Viele Leute möchten gerne strahlend weisse Zähne. Sind da Weissmacher-Zahnpasten sinnvoll?
Thomas Imfeld: Nur begrenzt, weil die Bezeichnung Weissmacher falsch ist. Man kann einem Zahn bestenfalls seine originale Farbe zurückgeben. Die ursprüngliche Farbe der meisten Zähne ist aber nicht weiss, sondern leicht gelblich oder gräulich. Je nach Art der Farbveränderung können abrasive Zahnpasten – also solche mit abreibender Wirkung – helfen, die ursprünglich hellere Farbe zu erreichen.
Wovon hängt das ab?
Imfeld: Zahnverfärbungen stammen vor allem von Nahrungs- und Genussmitteln. Man kann sie durch Putzen mit abrasiven Zahnpasten oder bei der Dentalhygienikerin entfernen. Bei Farbveränderungen des Zahnmaterials hingegen hilft nur Bleaching mit Wasserstoffperoxid oder ähnlichen Stoffen. Farbveränderungen sind mit zunehmendem Alter ganz natürlich, können aber auch durch Krankheiten, Unfälle oder Medikamente, die sich in Zähne einlagern, entstehen.
Es gibt Pasten, welche die Zähne nicht mit Abrasion, sondern durch die chemische Wirkung bestimmter Inhaltsstoffe aufhellen sollen. Funktioniert das?
Imfeld: Untersuchungen zeigen, dass das teilweise helfen kann. Es gibt aber keine klinischen Studien, die das mit Sicherheit belegen.
Sind Weissmacher-Zahnpasten problematisch?
Imfeld: Ja. Das hat sich aber gebessert, wie die Testresultate zeigen. Früher haben Weissmacherpasten klar mehr Zahnmaterial abgetragen als normale Zahnpasten. Beim harten Zahnschmelz ist das zwar kein grosses Problem. Beim Dentin, dem Zahnbein, aber schon. Zieht sich das Zahnfleisch zurück, liegen die Zahnhälse frei – man schrubbt beim Putzen direkt das Dentin der freiliegenden Zahnhälse weg. Das führt oft zu überempfindlichen Zahnhälsen, die dann auf hohe und tiefe Temperaturen reagieren.
Woher kommt der Zahnfleischschwund?
Imfeld: Hauptsächlich vom Zähneputzen. Es wird mit zu viel Druck, mit zu harten Zahnbürsten und in der falschen Richtung geputzt. Das zeigt sich daran, dass Rechtshänder mehr Schwund auf der linken Mundseite haben – weil sie auf dieser Seite mit mehr Kraft putzen können. Bei Linkshändern ist es umgekehrt. Mit anderen Faktoren wie Ernährung hat das eigentlich gar nichts zu tun.
Lässt sich Zahnfleischschwund verhindern?
Imfeld: Ja. Unbedingt weiche Zahnbürsten verwenden, mit sanftem Druck und konsequent vom Zahnfleisch weg putzen. Bei elektrischen Zahnbürsten gilt: Nur Schallzahnbürsten – oft als «Sonic» bezeichnet – verwenden, keine rotierenden Modelle. Wichtig: ebenfalls mit wenig Druck putzen. Auch so werden die Zähne sauber und lässt sich Plaque entfernen.
Kann man Zahnfleischschwund behandeln?
Imfeld: Nein, da helfen Massagen, Salben und Tinkturen nichts. In extremen Fällen lässt sich mit einer Operation nachhelfen.
Worauf müssen Benutzer elektrischer Zahnbürsten beim Gebrauch von abrasiven Zahnpasten achten?
Imfeld: Wer eine elektrische Zahnbürste benutzt, soll nur normale oder schwach abrasive Pasten verwenden. Denn mit einer Elektrozahnbürste werden die Zähne viel intensiver geputzt.
Was ist von Zahnbleichmitteln zu halten?
Imfeld: Bleaching sollte man professionell machen lassen. Je nach Zustand der Zähne und Füllungen ist Bleaching heikel.
Was kann ich für möglichst weisse Zähne tun?
Imfeld: Verfärbungen kann man reduzieren, indem man weniger raucht und sich bei Schwarz- und Grüntee sowie Kaffee und Wein zurückhält. Mit einem Glas Wasser nach diesen Genussmitteln kann man verhindern, dass sich die Verfärbungen auf den Zähnen festsetzen. Und einmal wöchentlich eine abrasive Zahnpasta verwenden – aber auf keinen Fall täglich.
So wurde getestet
Die 10 Zahnpasten wurden vom Prüfinstitut Therametric Technologies in Indianapolis im US-Bundesstaat Indiana auf die Abrasion (Abrieb des Zahnschmelzes) und den Gehalt an löslichem Fluorid getestet.
Abrasion: Um den Abrieb, den Zahnpasten auf dem Zahnbein (Dentin) verursachen, zu messen, wird im Labor der RDA ermittelt. RDA ist die Abkürzung für relative Dentin-Abrasion. Dabei werden durch Bestrahlung radioaktiv gemachte Zähne maschinell mit den Testzahnpasten gereinigt. Nach dem Bürstdurchgang wird gemessen, wie viel radioaktiver Stoff vom Zahn abgescheuert wurde. Je mehr Radioaktivität im Vergleich zu einer Standard-Zahnpasta gemessen wird, desto höher ist der RDA-Wert.
Fluroid stärkt Zahnschmelz und Dentin, ist also ein wichtiger Bestandteil einer Zahnpasta. Je nach Löslichkeit und Zusammensetzung des Produkts ist nur ein Teil des enthaltenen Fluorids im Mund verfügbar. Das Labor hat gemessen, wie viel Fluorid bei einer Verdünnung von 1:3 und 1:10 löslich ist.