Trauben sind empfindlich: Zum falschen Zeitpunkt nasskaltes Wetter, Schädlinge wie die Kirschessigfliege und Krankheiten wie falscher Mehltau machen den Weinbauern das Leben schwer.
Deshalb greifen viele Bauern zur Chemie. Einzelne Mittel werden wirkungslos, wenn man sie zu oft einsetzt. Das Unkraut entwickelt Resistenzen. Die Lösung der Weinbauern: Sie spritzen verschiedene Mittel, um die Wirksamkeit zu erhöhen und gleichzeitig die gesetzlichen Grenzwerte für einzelne Pestizide nicht zu übeschreiten (siehe «Saldo» 18/2014).
Doch diese Praxis führt zu neuen gesundheitlichen Risiken: Wie die einzelnen Gifte untereinander reagieren, ist kaum erforscht. Laut der Umweltschutzorganisation Greenpeace gibt es Hinweise darauf, dass sich gewisse Substanzen gegenseitig verstärken.
K-Tipp und Saldo lassen in anerkannten Labors regelmässig Lebensmittel auf Pestizidrückstände testen. Die Ergebnisse sind eindeutig: Nur wenige Produkte sind frei davon – oft werden Rückstände mehrerer Pestizide gefunden. Beispiele:
Bei einer Stichprobe bei 20 Früchtetees waren nur 5 unbelastet («Saldo» 18/2011). In einem Tee wurden neun verschiedene Pestizide gefunden.
Und von 30 untersuchten Dörrobst-Produkten waren nur 13 pestizidfrei (K-Tipp 17/2014). Besonders getrocknete Weintrauben waren mit bis zu sieben verschiedenen Stoffen belastet.
Spritzmittel von benachbarten Feldern
Dieses Bild bestätigt der Test mit 30 häufig verkauften Weiss- und Rotweinen für maximal 20 Franken. Ein spezialisiertes Labor untersuchte im Auftrag des K-Tipp die Weine auf über 400 verschiedene Pestizide.
Ergebnis: Alle gefundenen Mengen liegen unter den geltenden Grenzwerten. Doch nur im roten Bio-Wein «Luzón Jumilla» und im weissen «Quattro Bianchi», beide bei Aldi eingekauft, fanden sich keine Spritzmittelrückstände. In weiteren sieben Weinen waren die gemessenen Belastungen sehr minim.
Geringe Pestizidspuren in einem Wein bedeuten nicht unbedingt, dass die Spritzmittel auf dem betreffenden Weingut bewusst eingesetzt wurden. Sie können auch von benachbarten Feldern auf die Trauben gelangt sein. Spuren von Pestiziden können zudem in den Wein gelangen, wenn Winzer im Keller verschiedene Weine in gebrauchten Fässern keltern.
13 Weine bewegen sich bezüglich Pestizidbelastung im Durchschnitt. Gesamtmengen von 1 bzw. 2 Milligramm pro Kilogramm (mg/kg) wurden als «hoch» bzw. «sehr hoch» eingestuft. Die gemessenen Unterschiede sind sehr gross. Ein Beispiel: Im «Poggio Vecchio Primitivo di Manduria» (Aldi) fand das Labor nur gerade zwei Substanzen mit einer Gesamtmenge von 0,1 mg pro Kilo. Der «Merlot Ticino Selezione d’Ottobre» enthielt dagegen 2,88 mg/kg und sechs verschiedenen Pestizide.
Der K-Tipp hat Weine mit Rückständen von vier und mehr verschiedenen Substanzen abgewertet. Solche Weine wurden in der Tabelle zusätzlich eine Kategorie tiefer eingestuft, unabhängig von der Pestizidgesamtsumme.
Die meisten Hersteller weisen in ihren Stellungnahmen darauf hin, dass sämtliche gesetzlichen Grenzwerte eingehalten würden und für Konsumenten keine Gefahr bestehe. Manor schreibt: «Dass Pflanzenschutzmittel eingesetzt werden, kann im Rebbau vorkommen, wie auch in anderen landwirtschaftlichen Bereichen.» Aldi erklärt Mehrfachrückstände mit einem «ökologisch orientierten, integrierten und nachhaltigen Landbau».
Die untersuchten Weissweine waren alle weniger belastet als die Rotweine. Wer möglichst wenig Pestizide aufnehmen möchte, sollte auf Bio-Produkte setzen. Alle Bio-Weine im Test enthielten keine oder nur kleinste Mengen Pflanzenschutzmittel.