Wo Schnitzel draufsteht, ist Zerhacktes drin
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Im K-Tipp-Test ist bei 3 von 13 gefrorenen Poulet-Produkten mehr Teig dran als Fleisch. Und: Die Western Nuggets von Coop waren mit Salmonellen belastet.
Inhalt
K-Tipp 14/2003
03.09.2003
Rolf Muntwyler - rom@ktipp.ch
Was bei Rinds- und Schweinefleisch die Wurst, ist beim Hühnerfleisch das Gefrier-Nugget oder -Schnitzel. Die Hersteller zerhacken Fleischstücke, mengen Würze und Wasser bei und formen diese Masse - das Brät - zu Nuggets oder Schnitzeln. So beschreibt Felix Kesselring vom Ausbildungszentrum Schweizer Fleischwirtschaft die Herstellung von Poulet-Produkten für die Friteuse.
Schnitzel aus einer Fleischmasse geformt? «Unter einem Schnitzel verstehen Konsumenten ein ganzes Stück ...
Was bei Rinds- und Schweinefleisch die Wurst, ist beim Hühnerfleisch das Gefrier-Nugget oder -Schnitzel. Die Hersteller zerhacken Fleischstücke, mengen Würze und Wasser bei und formen diese Masse - das Brät - zu Nuggets oder Schnitzeln. So beschreibt Felix Kesselring vom Ausbildungszentrum Schweizer Fleischwirtschaft die Herstellung von Poulet-Produkten für die Friteuse.
Schnitzel aus einer Fleischmasse geformt? «Unter einem Schnitzel verstehen Konsumenten ein ganzes Stück Fleisch», stellt Hanspeter Bühler vom Kantonslabor Bern fest. «Ist nicht zumindest klar deklariert, dass das "Schnitzel" aus zerkleinertem Fleisch zusammengefügt ist, werden die Käufer getäuscht.» Das kantonale Labor müsse in diesem Fall einschreiten.
Wie der aktuelle K-Tipp-Test zeigt, vermerken einige Hersteller wenigstens, dass ihre Schnitzel aus einer Fleischmasse gemacht sind, bei den Marken Iglo, Findus und Spar fehlt jedoch jeglicher Hinweis darauf. Findus behauptet sogar dreist auf der Packung, es handle sich um ein «hauchdünn flachgeklopftes Filet».
Beat Stettler, Qualitätsverantwortlicher für die Iglo-Schnitzel, räumt denn auch ein: «Die Kunden erwarten ein ganzes Stück Fleisch, wenn Schnitzel auf der Verpackung steht.» Einzelne Produzenten betonen, dass sie für die Fleischmasse ganze Pouletbrüste und Fleisch vom Schenkel verwenden.
Das Wasser, das der Fleischmasse mit der Würze beigefügt wird, soll den Wasserverlust, der durch Produktion, Einfrieren und Auftauen entsteht, kompensieren und die Nuggets wieder saftig machen. Der Verdacht, dass die Hersteller nur allzu gerne etwas mehr vom günstigen Wasser zufügen als nötig, liegt auf der Hand.
Bis zu 56 Prozent der Masse sind Teig
Doch zeigt der K-Tipp-Test, dass hier nicht geschummelt wird. Der Wasseranteil bei 13 getesteten Chicken-Nuggets und Poulet-Schnitzeln beträgt mehrheitlich um die 70, in einem Fall 75 Prozent. Dieser Wassergehalt mag zwar hoch erscheinen. «Doch dies ist ein erfreulicher Befund», kommentiert Christoph Spinner vom Bundesamt für Gesundheit (BAG). «Ein Wasseranteil von 75 Prozent entspricht dem normalen Wert einer Pouletbrust.»
Weniger erfreulich ist der Anteil Pouletfleisch oder -brät im Verhältnis zum Teig, der Panade. Während sechs Poulet-Erzeugnisse mit über 60 Prozent zur Hauptsache aus Fleischmasse bestehen, enthalten vier weitere bloss zwischen 50 und 60 Prozent Fleisch. Zwei Nuggets und ein Schnitzel bestehen nicht einmal zur Hälfte aus Fleisch und wurden deswegen abgewertet:
- Coop Poulet Nuggets
- Coop Western Nuggets
- Findus Schnitzel Wiener Art
Findus weist darauf hin, dass es bei der Produktion zu Schwankungen kommen könne. Eine eigene Messung habe ergeben, dass der Fleischanteil bei den Schnitzeln durchschnittlich bei 56 Prozent liege.
Die Tabelle zeigt, dass es bei Nuggets und Schnitzeln ausgesprochen günstige Produkte gibt (Wiesenhof Knusper Dinos, Spar Poulet Schnitzel), bei denen sich der Fleischanteil sehen lässt.
Der K-Tipp liess auch untersuchen, wie es um die Hygiene der gefrorenen Hühnchenstücke bestellt ist. Neben der Gesamtkeimzahl wurde auch geprüft, ob Salmonellen vorhanden sind.
Die Werte für die Gesamtkeimzahl waren zwar unbedenklich. Trotzdem reichte die Spanne von unter 100 bis zu 1 700 000 KBE/g (Koloniebildende Einheit pro Gramm). Überschritt ein Produkt den Richtwert der Uno-Organisation FAO von 500 000 KBE/g, wurde es um zwei Stufen abgewertet. Salmonellen hingegen führen zu Erbrechen und Durchfall. In der Schweiz gibts keine gesetzlichen Vorschriften für «nicht genussfertige Lebensmittel», weder in Bezug auf die Gesamtkeimzahl noch auf die Anzahl Salmonellen.
«Dennoch sollten sich in solchen Produkten keine Salmonellen befinden», betont der Aargauer Kantonschemiker Peter Grütter. Auch Ausbildner Felix Kesselring «würde nicht mit Salmonellen in den Nuggets rechnen».
Die Hersteller sind sich ebenfalls einig, dass Salmonellen nicht in gefrorene Nuggets und Schnitzel gehören. So sagt Peter Zürcher vom Pouletverarbeiter SEG: «Wir tun unser Möglichstes, um kein mit Salmonellen belastetes Fleisch zur Produktion zuzulassen.» Es existiere aber kein Verfahren, die Keime vollständig zu eliminieren. Coop «bedauert» denn auch, dass es in ihren Western Nuggets Salmonellen hatte, weist aber darauf hin, dass «bei sachgerechter Zubereitung auch in diesem Fall keine Gesundheitsgefahr besteht» (siehe Kasten).
Keine Antibiotika-Rückstände
Und wie stehts mit den Antibiotika? Jakob Schluep, Chef des Grenztierärztlichen Dienstes, winkt ab: «Seit dem Skandal mit chinesischem Hühnerfleisch im letzten Jahr haben wir keine ernstlichen Probleme mit Antibiotika-Rückständen mehr.» Er lässt regelmässig Importfleisch auf Arzneimittel kontrollieren. «Die Importeure sind offensichtlich vorsichtig geworden und nehmen die Selbstkontrolle ernst.»
Die Vorsicht der Vertreiber schlägt sich in der Herkunft der Gefrierpoulets nieder. Das Spar-Schnitzel ist «mit Pouletfleisch aus Brasilien und Deutschland» hergestellt, alle anderen Produkte im Test ausschliesslich mit Poulet aus Deutschland. Die Migros verzichtet - wie andere Detaillisten auch - zurzeit vollständig auf Hühnerfleisch-Importe aus China.
Trotz der Stichproben an der Grenze kann nicht ausgeschlossen werden, dass unerlaubte Antibiotika eingesetzt wurden. Denn diese Stoffe bauen sich nach einer gewissen Zeit ab.
Wie rohes Huhn Behandeln
Gefrier-Poulets mit Keimen oder gar Salmonellen belastet? Das lässt das Gesetz zu. Denn es handelt sich dabei um «nicht genussfertige Lebensmittel». Sie müssen zu Hause ohnehin erhitzt werden. «Wird das Poulet gemäss Herstellerangaben frittiert oder gebraten, werden diese Keime abgetötet», betont der Aargauer Kantonschemiker Peter Grütter.
Die Hersteller beschriften ihre Verpackungen mit genauen Zubereitungszeiten, vielfach mit dem sinngemässen Vermerk «nur gut durchgegart konsumieren». Wichtig sei, so Grütter, dass Pouletprodukte aus dem Gefrierschrank in der Küche so sorgfältig behandelt würden wie frische Poulets:
- Auch vorfrittierte Ware ist nicht keimfrei. Deshalb unbedingt gut durcherhitzen, damit alle Keime abgetötet werden.
- Poulet direkt aus dem Gefrierfach in die Friteuse oder Bratpfanne.
- Hände und Kochgeschirr unmittelbar nach Berührung mit Pouletfleisch heiss abspülen.
(rom)
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