Zu sauer, zu bitter, zu fade
50 Teetrinker gaben 15 getesteten Tees keine guten Noten. Nur zwei Sorten fielen in der Kategorie Geschmack nicht völlig durch.
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K-Tipp 3/2004
11.02.2004
Rolf Muntwyler - rom@ktipp.ch
Genau genommen ist Früchtetee gar kein Tee. Denn «richtiger» Tee ist aus Blättern der chinesischen Teepflanze gemacht. Und dies trifft nur auf Schwarz- und Grüntee zu. Doch Schweizer bevorzugen Kräuter- und Früchtetee.
Früchtetee gilt als gesund und kalorienarm. Doch haben kantonale Labors, die für die Kontrolle zuständig sind, immer wieder Schadstoffe gefunden. Auch die deutsche Stiftung Warentest fand noch vor zwei Jahren in 28 von 50 Proben das giftige Holzschutzmitte...
Genau genommen ist Früchtetee gar kein Tee. Denn «richtiger» Tee ist aus Blättern der chinesischen Teepflanze gemacht. Und dies trifft nur auf Schwarz- und Grüntee zu. Doch Schweizer bevorzugen Kräuter- und Früchtetee.
Früchtetee gilt als gesund und kalorienarm. Doch haben kantonale Labors, die für die Kontrolle zuständig sind, immer wieder Schadstoffe gefunden. Auch die deutsche Stiftung Warentest fand noch vor zwei Jahren in 28 von 50 Proben das giftige Holzschutzmittel Pentachlorphenol (PCP). Der Krebs auslösende Stoff war beim Trocknen auf vergifteten Holzplanken in Früchte und Blätter übergegangen. Letztes Jahr sorgte auch eine mit Salmonellen verseuchte Früchtetee-Probe für Aufsehen.
«Man muss genau kontrollieren, ob alle Zutaten sauber sind», betont Jörg Anderegg, Geschäftsleiter des Teeherstellers Morga. «Besonders Tees, die Schalen von Zitrusfrüchten enthalten, können belastet sein. Denn die Früchte werden gegen Schimmel und Insektenbefall behandelt.»
Nur zwei Tees im Geschmack genügend
Der K-Tipp hat 15 Früchtetees im Labor Dr. Haase-Aschoff auf Schadstoffe testen lassen. Das Labor untersuchte sie auf Salmonellen, auf PCP, auf Pestizide wie DDT und auf typische Schalenbehandlungsmittel von Zitrusfrüchten (Diphenyl und Ortho-Phenyl-Phenol).
Das erfreuliche Resultat: Kein einziger dieser unerwünschten Stoffe war in den Tees nachweisbar. «Das Resultat ist ein Beleg dafür, dass die Hersteller sehr sorgfältig arbeiten», sagt der Laborleiter und Lebensmittelchemiker Klaus Haase-Aschoff.
Weniger überzeugend waren die Tees in Geschmack, Geruch und Farbe. In einer Degustation an der Hochschule Wädenswil, Abteilung Sensorik, wurden alle Tees von mindestens 50 Männern und Frauen verkostet. Die Teilnehmer waren keine Degustationsspezialisten, sondern «normale» Konsumenten.
Die Tester tranken die Tees und mussten ihre persönliche Einschätzung auf einem Fragebogen abgeben
- zum Geschmack,
- zur Farbe,
- zum Geruch.
Nur zwei Tees befanden die Tester geschmacklich als zufriedenstellend. Alle anderen Tees hatten sie «weniger gern» bis «gar nicht gern».
Doch was hat zu diesen harten Urteilen geführt? Häufige Kommentare waren:
- sauer oder zu sauer (Celestial Seasonings, Lipton Orange-Zitrone, Tea Time Fantastic Orange, Twinings Rosehip & Hibiscus)
- bitter oder zu bitter (Celestial Seasonings, Lipton Orange-Zitrone, Tea Time Fantastic Orange, Tea Time Fruchtschalentee)
- fad (Coop Naturaplan-Früchtetee, Früchtetee Scharfer Sultan, Migros Tetley Orange Peach)
- zu wenig Fruchtgeschmack (Celestial Seasonings, Morga).
Dass viele Tees als säuerlich beschrieben wurden, ist keine Überraschung, da die Hauptbestandteile vieler Tees sauer sind (siehe Kasten). Bitterkeit tritt vor allem bei Tees mit Zitrusschalen auf.
Der zweitplatzierte Lebensbaum Früchtetee hat zu einem Trick gegriffen: Randen sorgen dafür, dass der Tee nicht zu sauer und trotzdem schön rot wird.
Der Testsieger Tea Time Fantastic Berries wurde beschrieben mit «fruchtig», «erfrischend», «vollmundig», «erinnert an Sommer» und mit «angenehmer Säure». Einem Degustator hingegen war «Schweissgeruch» in die Nase gestiegen, andere empfanden den Tee als etwas aufdringlich: «zu süss», «zu intensiver Geschmack», «Bonbongeschmack».
Kein Wunder: Ihm wurden - natürliche - Aromen beigefügt. Das führt zu stärkerem, weniger säurelastigem Tee. Die Migros deklariert auch beim Tetley Orange Peach natürliches Aroma. Bei den anderen aromatisierten Produkten dürfte es sich um naturidentische oder gar künstliche Aromen handeln (siehe Tabelle).
Synthetisch produzierte Aromen
«Solche Zusätze haben in Tees nichts verloren», stellt der Drogist und Teespezialist Peter Oppliger klar, der sich über die gesetzlich zugelassene Bezeichnung «naturidentische Aromen» ärgert. «Mit diesem Begriff werden künstlich hergestellte Stoffe als etwas Naturnahes vermarktet.» Naturidentische Aromen sind chemisch gleich wie Aromen, die in der Natur vorkommen - sie wurden aber synthetisch produziert. Wie die Degustation zeigt, können aber auch Aromastoffe einen Tee nicht retten.
Mit diesen Degustationsresultaten können sich die Hersteller nur schwer anfreunden. Thomas Mennen, Inhaber des Teeladens Scharfer Sultan, betont, dass der Früchtetee im Test eine Basismischung sei, die er selber grösstenteils zu anderen, kräftigeren Tees weiterverarbeite. «Deshalb ist es nur logisch, dass dieser Tee mild und säuerlich ist.»
Morga weist darauf hin, dass nicht aromatisierte Tees im Vergleich zu aromatisierten Tees als fade empfunden würden. Coop schreibt, dass es nicht zulässig sei, naturbelassene Tees wie den Naturaplan-Früchtetee mit aromatisierten Sorten zu vergleichen.
Lipton-Managerin Nina Skupin von Hersteller Unilever Bestfoods betont, dass «der subjektive Geschmack gerade bei Fruchtschalentee sehr auseinander geht». Die Bitterkeit dieses Tees sei eben gerade typisch für die Zitrusfrüchte.
Der Migros-Tee Fantastic Orange soll ab März in neuer Qualität verkauft werden. «Das neue Rezept enthält mehr Früchte, weniger Hibiskus und eine verbesserte Aromaqualität», schreibt die Migros. Auch Tea Time Fruchtschalentee soll mit weniger Hibiskus auf den Markt kommen, auf zusätzliche Aromastoffe will Migros hier weiterhin verzichten. Und auch die Rezeptur von Testsieger Fantastic Berries wurde letztes Jahr angepasst. Mit Erfolg, wie der Test zeigt.
Das ABC des Früchtetees
In der Regel werden Früchtetees als reine Genusstees getrunken. Sie sind gesund, leicht und kalorienarm. Die meisten haben die gleichen Grundzutaten: Hagebutte, Apfelschalen und Hibiskusblüten (Karkade).
Tees mit den Hauptbestandteilen Hagebutte und Hibiskusblüten sind eher sauer. Verschiedene Früchte machen die Mischungen harmonischer.
Tipps zum Aufbewahren und Zubereiten:
- Bewahren Sie Früchtetee in dunklen Gläsern, dichten Teedosen oder in aromageschützten Säckchen auf.
- Lagern Sie ihn an einem kühlen, geruchsneutralen Ort.
- Kaufen Sie nur so viel Tee, wie Sie in drei Monaten trinken können. So vermeiden Sie, dass der Tee an Aroma verliert.
- Benützen Sie für Früchte- und Kräutertee eine eigene Kanne. Waschen Sie sie nicht mit Spülmittel aus.
- Früchtetee mit kochend heissem Wasser übergiessen. 8-10 Minuten ziehen lassen.
(rom)