«Zurzacher» will Produktion umstellen
Deutsche Tests zeigten: Limonaden können krebserzeugendes Benzol enthalten. Der K-Tipp wollte deshalb wissen, wie stark die Getränke in der Schweiz belastet sind.
Inhalt
K-Tipp 15/2009
13.09.2009
Letzte Aktualisierung:
15.09.2009
Rolf Muntwyler
Testergebnisse einer deutschen Studie liessen diesen Sommer aufhorchen: Mehr als die Hälfte von einhundert getesteten Limonaden enthielten Benzol. Der höchste gemessene Wert betrug 2,8 Mikrogramm pro Liter (µg/l). Die deutsche Verbraucherzentrale ist alarmiert: «Benzol hat in Getränken nichts zu suchen.» Allerdings: Denn der Kohlenwasserstoff Benzol ist krebserzeugend und kann die Keimzellen des Menschen verändern.
Der K-Tipp wollte wissen, ob...
Testergebnisse einer deutschen Studie liessen diesen Sommer aufhorchen: Mehr als die Hälfte von einhundert getesteten Limonaden enthielten Benzol. Der höchste gemessene Wert betrug 2,8 Mikrogramm pro Liter (µg/l). Die deutsche Verbraucherzentrale ist alarmiert: «Benzol hat in Getränken nichts zu suchen.» Allerdings: Denn der Kohlenwasserstoff Benzol ist krebserzeugend und kann die Keimzellen des Menschen verändern.
Der K-Tipp wollte wissen, ob auch in der Schweiz Getränke mit dermassen hohem Benzolgehalt wie in Deutschland verkauft werden. Ein spezialisiertes Labor untersuchte deshalb 16 Getränke, mehrheitlich Li- monaden mit Orangen- und Grapefruitgeschmack, zudem einen Karotten- und zwei Fruchtsäfte.
Geringe Mengen in vier Getränken
Das Ergebnis: Der Gehalt an Benzol ist im Vergleich zu den deutschen Proben tief. Der höchste Wert beim Zurzacher Orange beträgt 0,3 µg/l (siehe Tabelle im pdf-Artikel), also nur rund einen Zehntel des in Deutschland gemessenen Höchstwertes. Peter Kloter, Verkaufsleiter bei der Mineralquelle Zurzach, schreibt dem K-Tipp, es werde zwar kein Konservierungsstoff bei der Abfüllung zugesetzt: «Der verwendete Orangen-Grundstoff enthält jedoch geringfügige Mengen an E211», was zum gemessenen Benzolgehalt führe.
Er kündet an: «Wir werden den eingesetzten Orangen-Grundstoff in Zukunft ohne Konservierungsstoffe bei Lieferanten einkaufen.» Neben dem Zurzacher Orange war bei vier weiteren Getränken Benzol in geringen Mengen messbar. Der Prüfleiter stuft diese Resultate aber als «völlig unbedenklich» ein. Getränke mit Himbeer- oder Karottengeschmack können jedoch auch ohne Konservierungsstoffe Benzol bilden: So enthielten Karottensäfte in den deutschen Untersuchungen im Durchschnitt 1,61 µg/l Benzol. Der untersuchte Biotta-Saft im K-Tipp-Test aber enthält überhaupt kein Benzol.
Wie aber kommt Benzol überhaupt in Limonaden? Die Substanz kann sich durch eine chemische Reaktion bilden, wenn Vitamin C mit den Konservierungsstoffen Benzoesäure (E210) oder Natriumbenzoat (E211) zusammenkommt. Das Vitamin C stammt vom natürlichen Fruchtsaft, die beiden E-Nummern werden den Getränken in der Produktion zugesetzt. Es wäre also ein Leichtes, diese unerwünschte Reaktion zu vermeiden.
Die jüngsten deutschen Testresultate bestätigen zudem Forschungsergebnis-se aus den 90er-Jahren: Schon damals entdeckte man auffällige Konzentrationen von Benzol in Erfrischungs- und Fruchtsaftgetränken.
Viel Toluol in Biotta-Getränk
Das Labor untersuchte die Getränke auch auf die unerwünschten Fremdstoffe Toluol, Tetrachlorethen und Chloroform, die in allen Getränken vorkommen (siehe Box). Die gemessenen Mengen sind sehr gering. Nur das Biotta-Frühstücksgetränk gibt Rätsel auf: Für die gemessenen 367 µg/l Toluol hat die Biotta-Besitzerin Thurella keine Erklärung. Sie will den Saft «vom Rohstoff bis zur abgefüllten Flasche untersuchen», um die Ursache zu finden.
Die untersuchten Stoffe
- Benzol ist stark krebserregend und kann das Erbgut verändern. Benzol steigt einem beim Tanken in die Nase. Auch Autoabgase enthalten diesen Stoff. Für Trinkwasser gilt in der Schweiz und in der Europäischen Union ein Benzol-Grenzwert von 1 Mikrogramm pro Liter. Für Getränke hingegen bestehen keine gesetzlichen Höchstwerte. Der Grund: In der Wissenschaft gibt es bis heute keine Einigung darüber, wo ein entsprechender Grenzwert bei Lebensmitteln anzusetzen wäre.
- Toluol gilt im Vergleich zu Benzol als weniger problematisch. Es kann aber ebenfalls Nerven und Organe schädigen. Grenzwerte für diesen Stoff gibt es in der Schweiz nicht. Tetrachlorethen und Chloroform sind schlecht abbaubare Umweltgifte. Sie sind weit verbreitet, weil sie früher tonnenweise in Reinigungsmitteln verwendet und oft nicht sachgerecht entsorgt wurden. Sie können sich aber auch bilden, wenn örtliche Wasserversorgungen das Trinkwasser mit Chlor behandeln. Ein Grenzwert existiert nicht.