Das Prinzip ist einfach: Versicherte mit Hausarztmodell müssen immer zuerst den gewählten Hausarzt konsultieren, bevor Sie einen Spezialisten aufsuchen oder sich im Spital behandeln lassen dürfen. Der Arzt muss dann eine Überweisung veranlassen (siehe K-Tipp 13/10).
Was aber, wenn sich der gewählte Arzt weigert, ein entsprechendes Formular auszufüllen?
In dieser Situation ist Doris Andracchio aus Widen AG. Sie hat bei der CSS die Hausarztversicherung mit dem Namen «Profit». So fährt sie zehn Prozent günstiger als mit der normalen Grundversicherung der CSS.
Aber: Wollen «Profit»-Versicherte zu einem Spezialisten, verlangt die CSS jetzt von den Hausärzten, dass sie eine neu gestaltete schriftliche Überweisungsbestätigung ausfüllen und unterschreiben. Die bisherigen Formulare seien aus Datenschutzgründen nicht mehr tauglich. Viele Ärzte empfinden das als bürokratische Schikane und verweigern die Unterschrift. Auch Andracchios Hausarzt.
Patienten sind die Leidtragenden
Leidtragende in diesem Streit zwischen CSS und Ärzten sind die Patientinnen und Patienten. Doris Andracchio hat einen Reizdarm, was jederzeit den Besuch bei einem Magenspezialisten nötig machen könnte. Und genau das darf sie nicht, wenn ihr Hausarzt das benötigte Formular nicht unterschreibt. Oder sie muss den Spezialisten selber zahlen.
Dieser Streit dreht sich allerdings nur vordergründig um das neue Formular. Im Grund geht es darum, was ein richtiges Hausarztmodell
ist:
Bei echten Hausarzmodellen besteht ein Vertrag zwischen einer Krankenkasse und einem Ärztenetz oder einem Gesundheitszentrum (HMO). Indiesem Vertrag ist die Zusammenarbeit verbindlich geregelt. Wählt ein Patien ein solches Hausarztmodell, verpflichtet er sich, immer den gewählten Netzarzt oder das Gesundheitszentrum als erste Anlaufstelle zu nutzen (ausser in Notfällen).
Somit hat der Arzt den Überblick über alle bisherigen Diagnosen und Behandlungen und kann die weiteren Massnahmen – zum Beispiel die Überweisung an einen Spezialisten – koordinieren. Die meisten Ärztenetzwerke haben mit den wichtigsten Krankenkassen eine Budgetmitverantwortung vereinbart.
Bei solchen Modellen sind auch die Prämienrabatte höher, weil das mehr Gesundheitskosten einspart. Wäre Andracchio im Kanton Aargau beispielsweise bei einem Hausarzt, der dem Ärztenetzwerk Medix angeschlossen ist, erhielte sie von der CSS 25 Prozent Rabatt.
Daneben führen etliche Kassen das reine Listenmodell oder Light-Modell – allerdings ebenfalls unter der Bezeichnung «Hausarztmodell». Hier stellt die Kasse nach eigenem Gutdünken eine sehr grosse Ärzteliste zusammen – ohne die betreffenden Mediziner zu informieren oder gar um ihr Einverständnis zu bitten. Die Versicherten können aus der Liste frei einen Arzt als erste Anlaufstelle wählen.
Folge: Wollen Versicherte zu einem Spezialisten, können sie das Überweisungsformular auf der Homepage der Kasse herunterladen und es ihrem Arzt zur Unterschrift geben. Die CSS schreibt: «Im Übrigen können Sie die Überweisungsbestätigung auch soweit selbst ausfüllen, dass Ihr Hausarzt nur noch das Datum, seine Unterschrift sowie den Stempel ergänzen muss.» Von einer vorherigen medizinischen Untersuchung ist dort nicht die Rede.
Und genau das ist der Grund, warum Ärzte, die ein richtiges Hausarztmodell betreiben, solche Unterschriften ohne Untersuchung des Patienten verweigern. Und warum sie sodezidiert gegen das Listenmodell opponieren und es als reine Marketingmassnahme zur Gewinnung von neuen Kunden kritisieren. Nicht nur im Kanton Aargau übrigens, sondern auch in Obwalden oder im Kanton Thurgau fühlen sich Ärzte als reine Unterschriftengeber missbraucht.
Vor- und Nachteile der diversen Modelle
Tipp: Überlegen Sie, welches Modell Sie möchten. Viele Krankenkassen bieten beide Varianten. Die Wahl hat Konsequenzen:
- Beim reinen Listenmodell ist die Auswahl anmöglichen Ärzten so gross, dass es die Kassen flächendeckend anbieten können – also auch in ländlichen, eher abgelegenen Gegenden. Allerdings sind die Rabatte hier tiefer und liegen um die 10 Prozent.
- Bei richtigen Hausarztmodellen gibt es Rabatte bis 25 Prozent. Doch sind die angeschlossenen Ärzte netzwerke lokal eher eingeschränkt und deshalb nicht in jedem Fall für alleInteressenten verfügbar. Das gilt auch für HMO-Sparmodelle.
- Es gibt sogar Krankenkassen, die mehrere unterschiedliche Varianten des «richtigen» Hausarztmodells anbieten.
- Die unterschiedlichen Rabatte für die diversen Sparmodelle sind auch beim Lesen der Prämientabellen auf den drei folgenden Seiten zu beachten (siehe PDF-Version dieses Artikels). Neben der Normalprämie mit Franchise 300.– zeigt der K-Tipp auch die maximale Sparprämie mit Franchise 300.–.
Diese Sparprämie beruht auf derjenigen Versicherungsvariante, mit der es in der betreffenden Prämienregion den höchsten Rabatt gibt. Oft sind das HMO-Modelle, in vielen Fällen auch Hausarztmodelle.
Beachten Sie aber: Aus den geschilderten Gründen ist diese tiefste Prämie nicht im ganzen Kanton bzw. in der ganzen Prämienregion zu haben.